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Angler verfolgen überzeugendes Konzept
Wiederansiedlung: Sportanglerverein Ahlden und Leine-Lachs e.V. entlassen 100 Lachse in die Aller
HODENHAGEN (mä). Nicht jeder Stargast kommt über den roten Teppich: In diesem Fall ist es eine schlichte, wassergefüllte Transportbox, mit der die Hauptdarsteller des Abends anreisen. Doch der Inhalt des Bassins hat es in sich: Rund 100 atlantische Lachse warten darauf, die Welt zu entdecken.
Bei ihrem Sprung in die Freiheit ist ihnen ein „Lachs-Pate“ behilflich: Sebastian Zinke, Landtagskandidat der SPD und auf Erkundungstour in seiner Heimatregion, kommt auf Einladung des Sportanglervereins Ahlden (SAV) die ehrenvolle Aufgabe zu, die Fische in der Aller auszusetzen. Die erste Begegnung beim Öffnen der Box verläuft feucht-fröhlich. „Das sind sehr vitale Fische“, heißt es augenzwinkernd vonseiten des Politikers, als es darum geht, die etwa 15 Zentimeter langen Lachse mit dem Kescher in die Eimer zu bugsieren. Ein gutes Jahr sind die Fische jetzt alt, und die Natur hat für sie ein spannendes Leben vorgesehen, weiß Alfred Dannenberg, 1. Vorsitzender des SAV Ahlden: „Sobald sie etwas größer sind, wandern sie in die Nordsee, um dort bei gutem Nahrungsangebot zu stattlicher Größe heranzuwachsen.“ Anschließend ziehe es sie zurück in ihr Heimatgewässer. „Ob sie sich dabei am Magnetfeld der Erde orientieren oder den Geruch des Wassers ihres Heimatflusses trotz großer Verdünnung wittern, ist noch nicht endgültig erforscht“, führt er aus. Fest stehe jedoch: Am Ziel angekommen pflanzen die Lachse sich fort, und ihre Reise beginnt erneut.
Jetzt müssen die Jungfische allerdings erst einmal in den Fluss hinein: Behutsam entlässt Zinke sie in die Fluten der Aller. Manche verschwinden sofort in die Strömung, andere bleiben noch eine Weile in Ufernähe. Zeit genug, sie sich noch einmal genau anzuschauen. Wer von ihnen wird es überhaupt bis ins Meer schaffen? Und wer nach Jahren wieder hierher zurück? Nach fachkundiger Schätzung der Angler sind es in Aller und Leine nur etwa zwei Prozent. Zum einen hat es die Natur so bestimmt – zum anderen aber auch der Mensch.
Der atlantische Lachs: „Lange galt diese faszinierende Fischart in unseren Flüssen als ausgestorben“, bedauert Alfred Dannenberg. „Gewässerverunreinigung und Wehre in den Flüssen ließen ihn verschwinden.“ Doch seit der Jahrtausendwende betreibe der Verein Leine-Lachs, eine Initiative aus den Reihen der Angler, die Wiederansiedlung dieser Fischart in Aller und Leine. „Die Wasserqualität stimmt schon seit Längerem wieder, aber das Problem waren zu Anfang die vielen Wehre, die den Lachsen den Wiederaufstieg unmöglich machten“, sagt Günther Ohnesorge, einer der Initiatoren der „Wiedereinbürgerung“ des Lachses. Als Vorsitzender des Vereins Leine-Lachs ist er verantwortlich für das Lachszentrum in Gronau, wo der Lachs-Nachwuchs herangezogen wird. Zunächst habe man dabei auf die Genetik eines bestimmten Lachs-Stammes aus Dänemark zurückgegriffen, der auch gut für die Leine geeignet sei, erklärt Ohnesorge. Mittlerweile werde in Gronau aber eine eigene Nachzucht betrieben, die jährlich auf rund 130.000 Lachse komme. Der Vereinsvorsitzende lässt es sich nicht nehmen, „seine“ Schützlinge stets persönlich zum Besatz auszuliefern. Was ihn stolzmacht: Der erste Lachs kehrte bereits im Jahr 2004 zurück, und Jahr für Jahr wurden es mehr. „Das liegt auch ganz stark daran, dass auf Betreiben von uns Anglern sämtliche Stauungen an der Leine mit Fischtreppen ausgerüstet worden sind“, freut er sich.
Das Konzept überzeugt: Dutzende Anglervereine entlang von Leine und Aller unterstützen das Lachs-Projekt finanziell und tatkräftig. Überall entlang der von ihnen betreuten Flussabschnitte werden Jahr für Jahr Lachse und auch Meerforellen besetzt. „Wir haben nicht nur ein Interesse daran, dass die Natur über Wasser in einem guten Zustand ist, sondern auch unter Wasser. Wenn der Lachs wieder da ist, ist das ein sehr gutes Zeichen“, bekräftigt Alfred Dannenberg vom SAV Ahlden.
Mittlerweile sind alle ausgesetzten Lachse in die Tiefen der Aller entschwunden, und Sebastian Zinke wird noch am Ufer mit einer Urkunde zum „Lachs-Paten“ ernannt. Doch in die gute Stimmung mischen sich auch ernste Töne. Ohnesorge betont: „Seit drei Jahren kehren kaum noch Lachse zurück.“ Denn mit Inbetriebnahme der Weser- Staustufe in Bremen-Hemelingen sei ein neues, unüberwindbares Hindernis geschaffen worden: „Die dortige Fischtreppe funktioniert nicht.“ Dannenberg fügt hinzu, dass die zur Zeit laufende Schutzgebietsausweisung an Aller und Leine darauf abziele, die Angler von Gewässern auszusperren. „Das ist ein Hohn angesichts unserer Leistungen für den Naturschutz“, kritisiert er. „Hier ist die Politik dringend gefordert“, so der einstimmige Appell.
Quelle: Walsrode Zeitung vom 30.05.2017